Zahlreiche Vakuumprozesse in der Forschung und industriellen Produktion benötigen eine Bewegung von Proben oder Bauteilen im evakuierten Bereich. Dies können lineare Positionsänderungen in Richtung der drei Raumachsen oder das Drehen um die Achsen sein, als Einzelbewegung oder als Kombinationen der Bewegungsarten untereinander.
Manipulatoren und mechanische Durchführungen ermöglichen Translationen und Rotationen im Vakuum, wobei deren Antrieb auf der Atmosphärenseite liegt und die Bewegungen vakuumdicht übertragen werden. Dabei werden verschiedenste Wirk- und Übertragungsprinzipien entsprechend den jeweiligen Vakuum- und Anwendungsbedingungen genutzt. Als dichtende Elemente kommen metallische Membran- und Wellbälge, spezielle Elastomerdichtungen, magnetisch gekoppelte Systeme oder differenziell gepumpte Dichtungen zum Einsatz.
Ausführungen mit beidseitig freien Flanschanschlüssen und offenem Durchgang bezeichnet man als Manipulatoren, Komponenten, deren Aktuator vakuumdicht in einem Flansch verbaut ist, als mechanische Durchführungen. Letztere zeichnen sich durch eine kompakte Bauform aus. Manipulatoren sind untereinander kombinier- und erweiterbar. Darüber hinaus können an ihnen mechanische Durchführungen angebaut werden, sodass vielfältigste Arten von Bewegungen ins Vakuum übertragen und somit mannigfaltige Bewegungsaufgaben gelöst werden können. Zusätzlich können am Eingangsflansch weitere Durchführungen für z. B. Strom oder Fluide angebracht werden und diese somit durch den Manipulator direkt zur Anwendung geführt werden.
Auf den Flanschen von Manipulatoren lasten gerade bei größeren Nennweiten beachtliche Kräfte durch den Atmosphärendruck. Damit die Flansche auch unter Vakuum lagestabil sind, muss bei der Konstruktion von Manipulatoren großer Wert auf deren Eigensteifigkeit gelegt werden. Eine besondere konstruktive Herausforderung besteht darin, die hochpräzise Übertragung von Bewegungen in Einklang zu bringen mit der äußeren Belastung und weiteren Lasten durch Einbauten. Zudem müssen die eingesetzten Komponenten ausheizbar sein, um die Verwendung auch im UHV-Bereich zu gewährleisten.
Bei der Auswahl eines geeigneten Manipulators oder einer mechanischen Durchführung sollte der Anwender das zugrunde liegende Funktionsprinzip kennen, um die technischen Parameter in Bezug auf die Eignung für seine Aufgabenstellung beurteilen zu können.
3.7.1.1 Membranbalggedichtete Translation
Membranbälge bestehen aus paarweise aneinander geschweißten Membranscheiben. Sie sind in ihrer axialen Ausdehnung äußerst beweglich bei einer kleinen Federrate. Membranbälge gewährleisten einen hermetisch dichten, metallischen Einschluss und sind für höchste UHV-Anforderungen geeignet.
Die Auswahl und Auslegung der Membranbälge erfolgt gemäß der geforderten Bewegungsaufgabe unter Berücksichtigung der Betriebsbedingungen: Lebensdauer (Anzahl der Bewegungszyklen), Betriebstemperatur, Ausheiztemperatur, Differenzdrücke. Die Lebensdauer kann dabei bis zu 0,5 Millionen Zyklen betragen bei Membranen aus dem Werkstoff 316L und bis zu 10 Millionen Bewegungszyklen für den elastischeren, jedoch magnetisierbaren Werkstoff AM 350. Membranbälge sind innerhalb der vorgegebenen Zyklenzahl wartungsfrei. Nach Erreichen der berechneten Bewegungszyklen müssen sie getauscht werden. Für Umgebungen mit Staub und Schmutz sind sie ungeeignet.
Membranbälge werden in Z-Achsen-, XY-Achsen- und XYZ-Achsen-Präzisionsmanipulatoren, Justiermanipulatoren und balggedichteten Drehdurchführungen eingesetzt.
Beim Ausheizen von Geräten mit Membranbälgen muss auf eine gleichmäßige Erwärmung geachtet werden. Heizbänder auf Membranbälgen sollten vermieden werden. Sie führen zu einer starken, lokalen Erwärmung, da die Membranen zum einen eine geringe Masse und zum anderen eine kleine Fläche für die Wärmeleitung haben. Temperaturgeregelte Heizmanschetten sind hier die bessere, wenn auch aufwendigere Alternative.
3.7.1.2 Balggedichtete Rotation
Das sogenannte Katzenschwanz- oder auch Taumelprinzip erlaubt die Übertragung einer Drehbewegung mit einem Balg, d. h. Drehbewegungen bei einer hermetischen Trennung zwischen Vakuum und Atmosphäre. In Abbildung 3.25 ist der Aufbau einer solchen Durchführung dargestellt. Die abgewinkelte Antriebswelle (1), deren Ende in einem Kurbelzapfen (3) gelagert ist, dreht die Antriebswelle (4) im Vakuum. Über die nicht drehende Balgabdichtung (2), die eine Taumelbewegung ausführt, erfolgt die hermetische Abdichtung. Ab- und Antriebswelle werden mittels Edelstahlkugellagern gelagert, die mit einer vakuumtauglichen Trockenschmierung beschichtet sind.
Die Trockenschmierung erhöht nicht nur die Lebensdauer und die mögliche maximale Drehzahl, sie verhindert auch ein Festsetzen der Kugeln während des Ausheizens bei hohen Temperaturen. Neben Trockenschmierungen können für UHV-Anwendungen auch Hybridlager mit Keramikkugeln eingesetzt werden. Ihr hoher Preis rechtfertigt einen Einsatz nur bei höchsten Anforderungen. Alternativ können bei Hochvakuumanwendungen, die unempfindlich auf geringe Anteile von Kohlenwasserstoffen sind, Lager mit vakuumtauglichen Fetten geschmiert werden.
Abbildung 3.25: Balggedichtete UHV-Drehdurchführung (Katzenschwanzprinzip)
3.7.1.3 Magnetisch gekoppelte Rotation und Translation
Als hermetisch dichte Dreh- oder Schiebedurchführungen werden Magnetkupplungen benutzt. Sie bestehen aus einer Permanentmagnetanordnung außen, die einen im Vakuum dreh- bzw. verschiebbar gelagerten, ebenfalls mit Magneten bestückten Rotor mitnimmt. Beide Teile sind durch ein dünnwandiges Rohr vakuumtechnisch voneinander getrennt. Der Abstand der Magnete von Innen- und Außenläufer sollte möglichst gering sein, damit die Koppelkraft zwischen ihnen möglichst groß ist. Der Rotor innen ist mit der zu bewegenden Anwendung verbunden, der Magnetläufer außen wird manuell bewegt oder motorisch angetrieben. Die Lager innen sind vakuumtauglich trockengeschmiert.
Abbildung 3.26: Magnetisch gekoppelte UHV-Drehdurchführung
Häufig werden Hochleitungsmagnete aus Metallen der Seltenen Erden eingesetzt, wie z. B. Kobalt-Samarium-Magnete. Sie gewährleisten eine höchstmöglichste Kopplungskraft bei gleichzeitig hervorragender Beständigkeit gegenüber höheren Temperaturen, wie sie beim Ausheizen auftreten. Derart magnetisch gekoppelte Systeme sind für UHV-Anwendungen geeignet. Auch wenn die Magnetfelder zum größten Teil abgeschirmt sind, lässt sich die Ausbreitung der magnetischen Feldlinien nicht restlos vermeiden. Der Anwender muss daher prüfen, ob seine Anwendung unempfindlich genug gegenüber dem verbleibenden Magnetfeld ist.
Mit magnetgekoppelten Systemen können reine Dreh- und Linearbewegung und simultane Dreh/Linearbewegung realisiert werden. Die übertragbaren Verschiebekräfte und Drehmomente sind durch die Anzahl der Magnete und deren Anordnung begrenzt. Die erreichbare Präzision ist abhängig von der zu bewegenden Masse. Die Magnetfelder wirken wie eine Feder zwischen den beiden Kopplungspartnern. Je höher die externen Kräfte oder Momente sind, desto größer ist die Abweichung der Positionen zwischen Innen- und Außenläufer. Sind die externen Kräfte und Momente im Vergleich zu den maximal zulässigen gering, können Bewegungen sehr präzise übertragen werden.
3.7.1.4 Elastomergedichtete Rotation und Translation
Für dynamisch beanspruchte, hochvakuumtaugliche Dichtungen werden spezielle Elastomerdichtungen verwendet, die häufig aus dem Werkstoff FKM (Fluor-Kautschuk) bestehen. Die Abstimmung der Grenzmaße zwischen Gehäuse, Dichtung und Aktuator-Welle muss sorgfältig erfolgen, ebenso die Auslegung und Ausführung der Oberflächengüten.
Für häufige Bewegungen und zur Erhöhung der Dichtwirkung benötigen Elastomerdichtungen an den beweglichen Kontaktstellen eine Schmierung, die die Reibung mindert, einen vorzeitigen Verschleiß verhindert und kleine Unebenheiten in den Oberflächen ausgleicht. Bei der Auswahl eines geeigneten Vakuumfettes oder -öls müssen dessen Eigenschaften – insbesondere der Dampfdruck – bei der maximalen Betriebs- und Ausheiztemperatur berücksichtigt werden.
Elastomergedichtete Durchführungen sind nur bedingt ausheizbar. Zudem ist zu prüfen, ob Bestandteile des Fettes oder geringe Mengen an Kohlenwasserstoffen mit der Anwendung verträglich sind. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen stellen elastomergedichtete mechanische Durchführungen eine ökonomische Alternative zu Geräten mit aufwendigeren Funktionsprinzipen dar, wenn nicht höchste Ansprüche an die Vakuumqualität gestellt werden.
Ein Vorteil der durchgehenden Aktuator-Welle ist die direkte Verbindung der vakuumseitigen Anwendung mit dem Antrieb auf der Atmosphärenseite. Hier tritt kein spiel- oder lastabhängiger Positionierungsfehler auf. Zudem können abhängig von der Dimensionierung und Lagerung der Aktuator-Welle große Lasten bewegt werden.
Abbildung 3.27: Elastomergedichtete Drehdurchführung
Mit elastomergedichteten Durchführungen können reine Dreh- und Linearbewegung und simultane Dreh/Linearbewegung realisiert werden.
3.7.1.5 Rotation über Gleitdichtungen mit gepumpten Zwischenräumen
Die einzige Möglichkeit, einen Manipulator mit freiem Durchgang und frei zueinander drehbaren Flanschen zu fertigen, ist die Verwendung von Gleitdichtungen. Da eine Gleitdichtung allein keine UHV-dichte Trennung ermöglicht, werden mehrere in Reihe geschaltet und die Zwischenräume evakuiert. Üblicherweise werden drei spezielle PTFE-Gleitdichtungen in Reihe verbaut. Für den ersten Zwischenraum reicht eine Vorvakuumpumpe. Sollen im Inneren UHV-Bedingungen herrschen, wird eine weitere Zwischenabsaugung benötigt, an die eine Hochvakuumpumpe angeschlossen wird.