2.2 Berechnungen

Zur Dimensionierung eines Walzkolbenpumpstandes müssen wir zunächst einige Vorbetrachtungen anstellen.

Kompressionsverhältnis

Das Kompressionsverhältnis

einer Wälzkolbenpumpe liegt typischerweise zwischen 5 und 70. Zu seiner Ermittlung betrachten wir die geförderte Gasmenge und die Rückströmung über den Leitwert

sowie die Rückförderung von Gas aus dem Auslassraum mit dem Saugvermögen

:

Formel 2-1: Gaslast Wälzkolbenpumpe

S Saugvermögen
S0 Theoretisches Saugvermögen der Ansaugseite
SR Saugvermögen der Rückförderung
CR Leitwert
pa Ansaugdruck
pv Vorvakuumdruck

Setzten wir S gleich 0, erhalten wir das Kompressionsverhältnis

Formel 2-2: Kompressionsverhältnis Wälzkolbenpumpe

K0 Kompressionsverhältnis

Im laminaren Strömungsfall ist der Leitwert wesentlich größer als das Saugvermögen der Rückströmung. Damit vereinfacht sich Formel 2-2 zu

Formel 2-3: Kompressionsverhältnis Wälzkolbenpumpe laminar

Im molekularen Strömungsbereich ist das einlassseitige Saugvermögen immer noch am größten, jetzt ist aber das Saugvermögen der Rückströmung wesentlich größer als der Leitwert. Damit wird das Kompressionsverhältnis zu:

Formel 2-4: Kompressionsverhältnis Wälzkolbenpumpe molekular

Bei Laminarströmung (hoher Druck) begrenzt die Rückströmung durch die Spalte zwischen Kolben und Gehäuse das Kompressionsverhältnis. Da der Leitwert dem mittleren Druck proportional ist, sinkt das Kompressionsverhältnis mit steigendem Druck.

Im molekularen Strömungsbereich überwiegt die Rückförderung SRpv von Gas von der Auslassseite und begrenzt das Kompressionsverhältnis zu niedrigem Druck hin. Bedingt durch diesen Effekt ist die Anwendung von Wälzkolbenpumpen auf Drücke pa > 10-4 hPa begrenzt.

Saugvermögen

Wälzkolbenpumpen sind mit Überstromventilen ausgerüstet, die maximale Druckdifferenzen Δpd an den Pumpen zwischen 30 und 60 hPa zulassen. Kombiniert man eine Wälzkolbenpumpe mit einer Vorvakuumpumpe, muss man die Druckbereiche mit geöffnetem (S1) und geschlossenem Überstromventil (S2) unterscheiden.

Da der Gasdurchsatz in beiden Pumpen (Wälzkolbenpumpe und Vorvakuumpumpe) gleich ist, gilt:

Formel 2-5: Saugvermögen Wälzkolbenpumpstand bei geöffnetem Überströmventil und hohem Vorvakuumdruck

S1 Saugvermögen bei geöffnetem Überströmventil
SV Saugvermögen der Vorvakuumpumpe
pvVorvakuumdruck
Δpd maximale Druckdifferenz zwischen Druck- und Saugseite der Rootspumpe

Solange die Druckdifferenz deutlich kleiner als der Vorvakuumdruck ist, ist das Saugvermögen des Pumpstandes nur wenig größer als das der Vorpumpe. Nähert sich der Vorvakuumdruck der Druckdifferenz an, so schließt das Überstromventil und es gilt

Formel 2-6: Saugvermögen Wälzkolbenpumpstand bei geöffnetem Überströmventil und hohem Vorvakuumdruck

Betrachten wir noch den Sonderfall, dass eine Wälzkolbenpumpe gegen konstanten Druck arbeitet (z. B. Kondensatorbetrieb). Im Bereich hoher Drücke gilt Formel 2-3. Einsetzen des Wertes CR in Formel 1 und Vernachlässigung der Rückströmung SR gegen den Leitwert CR liefert:

Formel 2-7: Saugvermögen Wälzkolbenpumpstand bei hohem Ansaugdruck

Bei niedrigen Drücken setzt man SR aus Formel 2-4 ein und erhält

Formel 2-8: Saugvermögen Wälzkolbenpumpstand bei niedrigem Ansaugdruck

Aus Formel 2-6 erkennt man, dass S gegen S0 geht, falls das Kompressionsverhältnis K0 wesentlich größer ist als das Verhältnis des theoretischen Saugvermögen der Wälzkolbenpumpe S0 und des Vorvakuumsaugvermögens SV.

Setzen wir beispielsweise das Kompressionsverhältnis gleich 40 und das Saugvermögen der Wälzkolbenpumpe 10-mal so groß an wie das der Vorpumpe, so erhalten wir S = 0,816 ⋅S0

Für die Abstufung in einem Pumpstand sollte deshalb das theoretische Saugvermögen der Wälzkolbenpumpe maximal zehnmal so groß wie das Saugvermögen der Vorpumpe gewählt werden.

Da die Überströmventile auf Druckdifferenzen um 50 hPa eingestellt sind, ist bei Drücken über 50 hPa fast nur das Saugvermögen der Vorpumpe wirksam. Sollen große Behälter in einer bestimmten Zeit auf z. B. 100 hPa evakuiert werden, muss eine entsprechend große Vorpumpe ausgewählt werden.

Als Beispiel betrachten wir einen Pumpstand, der einen Behälter mit einem Volumen von 2 m³ in 10 Minuten auf einen Druck von 5 · 10-3 hPa evakuieren soll. Dazu wählen wir eine Vorpumpe, die den Behälter in 5 Minuten auf 50 hPa evakuiert. Bei konstantem Saugvermögen gilt:

Formel 2-9: Auspumpzeit

t1 Abpumpzeit der Vorvakuumpumpe
V Volumen des Behälters
S Saugvermögen der Vorpumpe
p0 Anfangsdruck
p1 Enddruck

Stellen wir Formel 2-9 um, können wir das erforderliche Saugvermögen berechnen:

Formel 2-10: Saugvermögensberechnung

Mit den oben angegebenen Zahlenwerten erhalten wir:

Wir wählen als Vorpumpe eine Hepta 100 mit dem Saugvermögen SV = 100 m³ h-1. Das Saugvermögen der Wälzkolbenpumpe schätzen wir nach der gleichen Formel auf 61 l s-1 = 220 m³ h-1 ab und nehmen eine Okta 500 mit S0 = 490 m³ h-1 und einer Druckdifferenz des Überströmventils von Δpd = 53 hPa für den Feinvakuumbereich.

In der folgenden Tabelle wählen wir die Vorvakuumdrücke laut Spalte pv, entnehmen die zugehörigen Saugvermögenswerte SVfur die Hepta 100 aus deren Saugvermögenskurve und berechnen den Durchsatz: Q=SVpv

Das Kompressionsverhältnis

ist berechnet für geöffnetes Überstromventil bis zum Vorvakuumdruck von 56 hPa. K0 ist für Vorvakuumdrücke ≤ 153 hPa aus Abbildung 2.1 entnommen. Das Saugvermögen der Wälzkolbenpumpe berechnen wir auf zwei Arten:

S1 erhält man aus Formel 2-5 für offenes, oder S2 nach Formel 2-6 für geschlossenes Überstromventil.

Nähert sich der Vorvakuumdruck der Druckdifferenz Δpd, so wird S1 > S2. Richtig ist immer der kleinere von beiden Saugvermögenswerten, den wir mit S bezeichnen wollen. Den Ansaugdruck erhalt man nach der Formel:

Abbildung 2.2 zeigt die Saugvermögenskurve dieses Pumpstandes.

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Abbildung 2.1: Leerlaufkompressionsverhältnis für Luft von Wälzkolbenpumpen

3 1 img 2 2 en cf3282d8-36b7-44fd-9a94-a10d7c2db38b

Abbildung 2.2: Saugvermögenskurve eines Wälzkolbenpumpstands mit Hepta 100 und Okta 500

Pa / hPa

Pv / hPa

Sv / (m3 / h)

Q / (hPa · m3/ h)

KΔ

K0

S1 / (m3 / h)

S2 / (m3 / h)

t / h

t / s

1,000.0000

1,053.00

90.00

94,770.00

1.05

94.77

0.00490

17.66

800.0000

853.00

92.00

78,476.00

1.07

98.10

0.00612

22.04

600.0000

653.00

96.00

62,688.00

1.09

104.48

0.00827

29.79

400.0000

453.00

100.00

45,300.00

1.13

113.25

0.01359

48.93

200.0000

253.00

104.00

26,312.00

1.27

131.56

0.00652

23.45

100.0000

153.00

105.00

16,065.00

1.53

7.00

160.65

321.56

0.00394

14.18

50.0000

103.00

105.00

10,815.00

2.06

13.00

216.30

382.20

0.00608

21.87

14.9841

56.00

110.00

6,160.00

18.70

18.00

2,053.33

411.10

0.00822

29.58

2.5595

10.00

115.00

1,150.00

36.00

449.30

0.01064

38.30

0.2300

1.00

105.00

105.00

50.00

456.52

0.00670

24.13

0.0514

0.30

75.00

22.50

46.00

437.39

0.00813

29.27

0.0099

0.10

37.00

3.70

40.00

375.17

0.00673

24.23

0.0033

0.06

15.00

0.90

39.00

270.42

0.00597

21.51

0.0018

0.05

5.00

0.25

37.00

135.29

Auspumpzeit: 344,94 s

Tabelle 2.1: Saugvermögen eines Wälzkolbenpumpstands und Auspumpzeit

Auspumpzeiten

Man berechnet die Auspumpzeit des Behälters in einzelnen Schritten. In Bereichen mit starker Änderung des Saugvermögens muss man die Vorvakuumdruckintervalle dicht legen. Zur Ermittlung der Auspumpzeit in einem Intervall benutzt man Formel 2-9 und setzt für S den Mittelwert der beiden Saugvermögen für das berechnete Druckintervall ein. Die gesamte Auspumpzeit ist die Summe aller Zeiten in der letzten Spalte von Tabelle 2.1.

Weitere Einflüsse auf die Auspumpzeit haben die Leckrate der Vakuumanlage, die Leitwerte der Rohrleitungen sowie im Rezipienten vorhandene verdampfende Flüssigkeiten, entgasende poröse Materialien und verschmutzte Wände. Einige dieser Faktoren werden in den Abschnitten 2.2.3.1 und 2.3 behandelt. Falls einige der oben genannten Einflüsse unbekannt sind, muss man entsprechende Reserven im Pumpstand vorsehen.